Vor einer großen Leinwand sitzt ein Schauspieler an einem Lesungstisch, links davon zwei Musiker und rechts ein bildender Künstler, über einen Zeichentisch gebeugt, in eine live produzierte Projektion (Höhlengleichnis) vertieft. Das Ensemble beginnt mit einer Proben-Situation. Die Musikerin summt Solveig’s Lied.
Der Schauspieler übergibt der Musikerin die Geige. Er geht zum Pianisten und stimmt mit ihm eine Art von Ouvertüre an, einen Schnelldurchlauf durch die Grieg’schen Themen mit Improvisation entspinnt sich. Das Klavier, das Grollen der Natur, die Geige ist die Kunst im Leben... Der Schauspieler greift zur/in die Leinwand. Aus der Zeichnung entsteht sogleich eine Zwiebel. Eine Zwiebel in der Hand, beginnt er diese zu schälen und sucht nach ihrem Kern. „Mensch sei Du selbst – Mensch sei Dir selbst genug“... Ein experimenteller Einstieg in das Welten-Epos über Peer Gynt’s Zwiebelmonolog am Ende des Stücks von H. Ibsen. Eine Flash-Back Situation, die in sieben Stationen erzählt wird. Man spricht über die Schichtungen des Lebensweges, die eigenen Erfahrungen und aus dem Monolog eines alternden Schauspielers schält sich der Beginn einer Theater Vor-Stellung....“Mach einen Umweg Peer, geh außen herum“... „Das lügst du Peer“... „Nein, wahrhaftig !“ Der Schauspieler spricht, spielt und liest den Text, interagiert mit der Leinwand, die als Gesprächspartner fungiert (Gedanken Bilder werden gezaubert, führen weiter als Imaginationsbühne) oder involviert die Musiker als Figuren (etwa die Geigerin als Solveig oder den Pianisten als Trollkönig), die ihm mit Musik von Grieg oder weltmusikalischen Assoziationen und Improvisationen - je nach Station und Gemengelage - antworten.
Das Kollektiv um Hans Kremer ist Ibsens Thesen Mensch sei Du selbst und Mensch sei Dir selbst genug auf der Spur. Das Epos ist auch eine Hommage an die Kraft der Vorstellung und die Magie des Erzählens. Die Imagination des Betrachters wird durch das skizzenhafte Arbeiten zum eigentlichen Akteur. Gleichzeitig hinterfragt diese Werkstatt des Denkens das im Stück thematisierte Kopf-Theater, das für vielen Menschen unserer Zeit Realität geworden ist.
Ibsen’s Werk wird üblicherweise in großen Inszenierungen als Epos und Panoramabild aufgezogen, dabei fallen die feinen philosophischen Hintergründe und politisch-poetischen Details zugunsten eines großen Bildertheaters leicht unter den Tisch. Die unmittelbare und immer neue Begegnung von Zeichnung, Musik und Spiel bietet eine persönliche Auseinandersetzung und verdichtet gleichzeitig die Wahrnehmung auf das Wesentliche. Das Nebeneinander mehrerer Impulse ist in unserer Multimedialen Welt selbstverständlich geworden, doch hier auf der analogen Ebene erfährt der Zuschauer den seltenen Augenblick und die eigentliche Geburt des kreativen Zusammenwirkens und verlässt somit die lineare Kontemplation.
Das Kollektiv ermöglicht nach langjähriger gemeinsamer Recherche Zugang zu einer ganzheitlichen Perspektive, einen Blick ins Atelier, in die Werkstatt der vereinten Künste und hinterleuchtet sowohl die philosophischen Hintergründe des visionären Stücks von Henrik Ibsen als auch die Beweggründe von Theaterarbeit an sich. Was für Ge-Schichten erzählen wir heute auf dem Theater und warum ? PEER GYNT ist prädestiniert für eine solche vielschichtige Reflexion.
Hier eine einfühlsame Beschreibung über die Begegnung mit der Produktion PEER.GYNT aus der Perspektive von der Kulturjournalistin Annette Freitag: www.journal21.ch
Arbeitete 2001 – 2010 nach ihrem Studium an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Prof. Jürgen Rose freischaffend vorwiegend als Bühnen – und Kostümbildnerin u.a. an den Münchner Opernfestspielen, Theater Basel, Staatstheater Kassel, Deutsches Theater Göttingen, Theater Lübeck und Staatstheater Stuttgart.
Seit 2008 verlagerte sich ihr Schwerpunkt auf die bildende Kunst (Malerei, Collage, Installation) sowie experimentelle transdisziplinäre Recherche und eigene szenische Arbeiten. Sie gründete mit ihrem Ehepartner Hans Kremer den Salon FREIES.FELD, aus dem der DantonDenkRaum (seit 2013) und das LAUT.MALEN (seit 2012) hervorgingen. 2015 kam ihr Filmregiedebut BÜCHNER.LENZ.LEBEN in Deutschland ins Kino.
LENZ.LEBEN, eine szenische Installation (mit Live-Zeichnung) wurde 2013 in den Münchner Kammerspielen in Zusammenarbeit mit der Pianistin Masako Ohta uraufgeführt und ist seit Winter 2015 im Schauspielhaus Zürich zu sehen. Mit PEER.GYNT – LAUT.MALEN vertieft sie ihre Auseinandersetzung der in-szenierenden Live-Zeichnung im Austausch mit den vereinten Künsten eines Kollektivs.
Hans Kremer ist seit der Spielzeit 2015/2016 am Schauspielhaus Zürich engagiert und begann seine Zusammenarbeit mit Barbara Frey bei der gefeierten Inszenierung von „Yvonne die Burgunderprinzessin". Seit Beginn seiner Schauspieler-Laufbahn bewegt ihn die Thematik von Peer Gynt, den er in der Eröffnungs-Inszenierung von Jürgen Flimm am Thalia Theater Hamburg verkörperte. Er arbeitete in den letzten 30 Jahren mit Regisseuren wie u.a. Barbara Frey, Jossi Wieler, Johan Simons, Martin Kusej, Stefan Kimmig, Luc Perceval, Thomas Ostermaier, Jürgen Flimm, Yoshi Oida, George Tabori, Ruth Berghaus, Alexander Lang, Robert Wilson sowohl am Thalia Theater Hamburg als auch an den Münchner Kammerspielen.
Diverse Rollen in Kino – und Fernsehfilmen, u.a. mit Regisseuren wie Andreas Dresen, Margarethe von Trotta und Reinhard Hauff, in dessen mit den Goldenen Bären prämierten Spielfilm „Stammheim“ (1986) er eine der Hauptrollen spielte. Mit der Künstlerin und Ehefrau Isabelle Krötsch gründete er 2012 in München das Künstlerkollektiv FREIES.FELD. 2015 kam der Film BÜCHNER.LENZ.LEBEN ins Kino, in dem er den Spuren von Lenz in Waldersbach/Elsaß mit den Worten Büchners folgt. Per-sonare, das Durchklingen lassen des Geschichten Erzählens liegt ihm besonders am Herzen.
Die im Odenwald geborene Geigerin Esther Schöpf studierte Violine und Kammermusik an den Konservatorien von München und Genf und nahm Unterricht bei Gidon Kremer und Vladimir Spiwakov. Sie ist neben ihrer violinpädagogischen Tätigkeit u.a. am Institut für Musikpädagogik der Ludwig-Maximilians-Universität München vor allem als Kammermusikerin mit ihren Ensembles, dem Schwabinger Klaviertrio und der Quartettformation nonSordino auf den unterschiedlichsten Bühnen und Festivals national und international unterwegs. Ihr starkes Interesse an der Verbindung von Musik und Sprache führt sie immer wieder zu besonderen „musikalisch-literarischen Verwebungen“ und auch regelmäßig als Geigerin an verschiedene Theaterbühnen (u.a. Bayerisches Staatsschauspiel, Theater der Jugend, München). Zahlreiche CD-Produktionen dokumentieren ihre künstlerische Arbeit.
Der aus der Bamberger Region stammende Pianist und Dirigent Norbert Groh spielt seit frühester Kindheit Klavier, Akkordeon und Klarinette und gewann durch seine außerordentlich musikalisch-vielseitige Begabung frühzeitig zahlreiche Auszeichnungen bei Wettbewerben.
Sein Musikstudium in Klavier und Klavierkammermusik führte ihn an die Musikhochschulen München, Karlsruhe und Wien. Sein Dirigier-Studium absolvierte er am Richard-Strauss-Konservatorium München. Neben seiner Unterrichtstätigkeit an der Hochschule für Musik und Theater München konzertiert er als Kammermusiker, Solist und Dirigent auf nationalen und internationalen Podien, so u. a. beim Schleswig-Holstein-Festival, bei den Münchner Opernfestspielen, bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern und dem Festival der „amici della musica, Milano“, sowie Konzertreisen in die USA, Spanien und Finnland.
Die künstlerische Zusammenarbeit der beiden Musiker spannt den großen Bogen von der klassischen Konzertliteratur bis zu Werken der sogenannten leichten Muse (Wiener Caféhaus- und Salonmusik, Tango, Klezmer). Damit gestalten sie zahlreiche Programme in Kombination mit Literatur, Theater, Malerei und Performance. Sie entwickeln und komponieren Hörspielmusiken für den Bayerischen Rundfunk und den Hörbuch-Verlag. Im Herbst 2015 ist unter dem Label STRINGENDO ihre neueste CD Begegnungen erschienen.